GRAUSPECHTE-Exkursion zur Bong´sche Kiesgrube in Mainhausen

Wer überwintert dieses Jahr?

Naturschutzgebiet Bong´schen Kiesgrube
Naturschutzgebiet Bong´schen Kiesgrube

Die erste Exkursion im neuen Jahr führte uns zu einem naheliegenden NSG, der Bong´schen Kiesgrube in Mainhausen.

13 Grauspechte mußten sich warm einpacken, denn es war regnerisch trüb und windig. Letztlich wurden wir aber weitestgehend vom Regen verschont.

Wir konnten die Umrundung der ehemaligen Tongrube angehen und an den wenigen Beobachtungsplätzen auch länger verweilen.

 

Holger Hermann und Uli Brenner begrüßten die Gruppe
Holger Hermann und Uli Brenner begrüßten die Gruppe

Holger Hermann und Uli Brenner aus Schlüchtern, beide erfahrene Käferkenner und neue Teilnehmer, wurden von der Gruppe herzlichst

begrüßt.


Bong´sche Kiesgrube
Bong´sche Kiesgrube

Das NSG ist bekannt als Überwinterungsplatz für Wasservögel aus dem Norden. Das Gelände umfaßt ca. 95 ha und ist nahezu vollständig mit Wald umgeben. Grundsätzlich ist das NSG auch ein bedeutender Brutplatz, insbesondere für eine größere Kormorankolonie. 


Am Kiessee
Am Kiessee

Es gibt nur wenige Beobachtungsplätze mit freier Sicht auf das Wasser. Die Vögel halten sich meist weit entfernt auf der Wasserfläche auf. Der wolkenbedeckte Himmel ließ nur wenig Licht für kontrastreiche

 

Fotos durch.

Brutinsel
Brutinsel

Eine kleine Insel mit einem Baumskelett ist ein zentraler Rastplatz im östlichen Teil des Sees, besonders bevorzugt von Reihern, Höckerschwänen, Kormoranen und diversen Entenarten. Sie war einmal vollständig bewaldet.

 


Eine Landzunge, die durch Aufschichtung von Abraum entstand, ist nicht zugänglich und von einem dichten Weidenbestand bewachsen. Hier können die Vögel ungestört brüten oder rasten.

Grünfinken
Grünfinken

Grünfinken (chloris chloris) und Erlenzeisige (spinus spinus), die zu der Ordnung der „stieglitzartigen“ (carduelinae) gehören, schwärmten über unseren Köpfen von Baum zu Baum. Zeisige treten meist in Gruppen auf und sind die häufigste Gruppe kleiner Finken in Deutschland.

Eisvogelteich
Eisvogelteich

Am Mainufer wurde ein Eisvogel im Flug flüchtig gesehen, aber dann war er auch schon in der Deckung verschwunden. Am Teich zeigte er sich nicht.

 


Martin Schroth erklärt der Gruppe
Martin Schroth erklärt der Gruppe

Teilnehmer, die das Gebiet öfter besuchen, wiesen darauf hin ,daß in diesem Uferbereich schon der Ruf der Wasserralle (rallus aquaticus) gehört wurde.

Tatsächlich, wohl durch die vielen Stimmen animiert, ließ der Vogel seinen Ruf einmal hören. Zu sehen bekamen wir ihn allerdings nicht.

Durch ihren, dem Quiken eines Ferkels ähnlichen Ruf „kruieh“, wird sie auch untypisch „Wasserferkel“ genannt.


Rallus aquaticus gehört zu der Ordnung der Kranichvögel (gruiformes) und zur Gattung der Rallen. Sie ist ein standorttreuer Brutvogel und überwintert  teils auch in Deutschland. Außer im hohen Norden, ist sie in ganz Europa,  Nordafrika und Asien verbreitet. Rallen sind Einzelgänger und bevorzugen  feuchte, dicht bewachsene Sumpfauen sowie Schilfbestände. Sie verteidigt  auch im Winter ihr Revier. Entwässerungen, Deichbau und Umbau natürlicher Ufer bedrohen am meisten ihren Bestand. 

 

Bieberfraß
Bieberfraß
Bieberfraß
Bieberfraß

Biberfraß an Bäumen, war auf beiden Uferseiten des Mains zu sehen. Der Biber (castor fiber) hat sich hier entlang des Mains seit vielen Jahren angesiedelt, wie man unschwer erkennen kann. Schließlich genießt ein europaweites Schutzprogramm.

 

 Am Main hat er aber einen nicht ganz idealen Standort, denn er muß immer wieder den Radweg überqueren um an seine Nahrungsquelle zu kommen. Das Bauen eines Dammes bleibt ihm dafür aber erspart. Vermutlich bewohnt er dafür Höhlen in der Uferböschung.

 

Über unseren Gehweg hinweg, dem westlichen Mainradweg, zog sich die „Biberrutsche“, der Weg auf dem der Biber von seinen bevorzugten Fraßplätzen aus bäuchlings zum Wasser gleitet.  Am Boden liegende, „angeknabberte“  Äste zeugen von der Spur der Biber..

 

In flacheren Habitaten, staut er schon mal das Wasser so hoch auf, daß es für Hausbesitzer zum Problem werden kann: Wasser im Keller. Er ist eben ein Wasserbaumeister und gestaltet aktiv seinen Lebensraum. Allerdings staut er nur dann Wasser auf, wenn seine Habitat keinen ausreichenden Wasserstand zum einfacheren Transport seiner Nahrung, Weidenäste, hat.

Auwald am Main
Auwald am Main
Auwald am Main
Auwald am Main

Eisenoxidausfluss
Eisenoxidausfluss
Eisenoxidierende Mikroorganismen
Eisenoxidierende Mikroorganismen

An dem Steilufer, zur Kiesgrube hin, tritt Eisen-Oxid aus, zu erkennen an der rostig-bräunlichen Farbe des Wassers. Die „öl-ähnlichen“ Farben auf den kleinen Wasserflächen, dort wo das Wasser länger steht, kommen von Bakterien, die sich im Wasser ansiedeln.

 

Es handelt sich um Photobionten, eisenoxidierende Mikroorganismen. Sie kommen nur unter Umweltbe-dingungen vor, bei denen die Reaktionsgeschwindigkeit der abiotischen Eisen-Oxidation herabgesetzt ist. Die Organismen gewinnen dadurch Energie. 

 

Das ist der Fall, wenn der pH-Wert, die Sauerstoff-Konzentration oder  beides niedrig ist. Da die Produkte der bakteriellen Oxidation fast  wasserunlöslich und gelb-baun (Ocker) bis rotbraun gefärbt sind,  sind sie sehr auffällig. Die Farbe des Wassers wurde daher schon  früh in Grubenwässern des Bergbaus erforscht.

 

 

Einige Bäume und Äste sowie  Totholz sind von Pilzen besiedelt.  Ihre Farben setzen sich leuchtend vom Graubraun des Waldbodens ab. Ihre Bestimmung ist immer wieder aufwendig, hoffentlich liege ich richtig.

 

Striegeliger Schichtpilz
Striegeliger Schichtpilz

Von den „schichtpilzartigen“ (stereum hirsutum) gibt es unzählige, die sich sehr ähnlich sind, ich hoffe meine Entscheidung war richtig. Es könnte auch der zottige Eichenschichtpilz (stereum gausapatum) sein.  


Judasohr
Judasohr
Judasohr
Judasohr

„Zunder“schwamm
„Zunder“schwamm

Der Feuerschwamm (phellinus igniarius), oder auch „Zunder“ genannt, gehört zu einer Gattung von Pilzen, die vor allem Weiden, Pappeln und Apfelbäume befällt. Er kommt daher an Bachufern und -Auen häufig vor.

Schmetterlings-Tramete
Schmetterlings-Tramete

Schmetterlings-Tramete (trametes versicolor) oder auch Bunter  Pohrling genannt, ist ein  Folgezersetzer und wird auch als Heil-/Vital- und  Zuchtpilz verwendet. Besonders in der chinesischen bzw. asiatischen Medizin wendet man ihn gegen Krebsarten innerer Organe an. Er leitet auch Giftstoffe  aus Milz und Leber ab.


lichter Kiefernwald
lichter Kiefernwald

Nun ging es etwas bergauf zum Aussichtspunkt am Seeufer. Im lichten Birken-und Kiefernwald entsteht der Eindruck einer nordeuropäischen Waldlandschaft.


Biberfraß und Rindenanomalien
Biberfraß und Rindenanomalien

Wuchsauffälligkeiten an der Rinde einer Weide ließen uns über die Entstehung rätseln. Die Rindenanomalien sind vielleicht durch das Anbringen eines Seiles beim Kiesabbau entstanden, Einkerbungen im Stamm sind zu erkennen. Die Rinde geriet durch das Seil  unter Druck und wurde so zusammen gepreßt. Pockenartige, erhabene Auswüchse waren die Folge.

 


Schwan und Kormoran
Schwan und Kormoran
Kormorane
Kormorane
Höckerschwan cygnus olor
Höckerschwan cygnus olor
Blick zur Brutinsel
Blick zur Brutinsel
Höckerschwan
Höckerschwan

Die Bauminsel, der ehemaliger Rastplatz der Kormorane (phalacrocorax carbo), wurde vom Kormorankot entwaldet. Reiher brüteten daraufhin im Reisig am Boden und paßten ihr Verhalten so an. Zwei Vögel unterschieden sich: einer mit nahezu weißem Brustgefieder und bei einem anderen die weiße Kopfhaube. 

 

Grundsätzlich kommt Geschlechtsdimorphismus im Gefieder  bei Kormoranen vor. Kommt noch eine Verfärbung der Hautpartien,  die nicht gefiedert sind, in Gelb- oder Rottönen dazu oder eine Federhaube,  dann befinden sich die Vögel im Prachtkleid.

 

Da Kormorane minutenlang und bis zu 9 Meter tief tauchen können,  fetten sie ihr Gefieder nicht ein. Nach dem Tauchgang muss das Gefieder  deshalb mit ausgebreiteten Flügeln getrocknet werden. 

Gänsesäger
Gänsesäger

Gänsesäger (mergus merganser), Familie (anatidae) sind seltene Brutgäste. Sein langer, gebogener und gezahnter Schnabel ist gut geeignet für den Fang

kleinerer Fische bis zu 10 cm Länge, von denen er sich ausschließlich ernährt. Der Bestand der Vögel nimmt in Deutschland stetig zu. Trotzdem gilt seine Art

hier zu Lande als gefährdet (RL3). Er bevorzugt für die Brut Baumhöhlen, Uferböschungen, Felsspalten und auch in Dachböden ist er manchmal zu finden.


Silberreiher
Silberreiher
Silberreiher
Silberreiher

Silber- u Graureiher waren in einigen Exemplaren vor Ort. Der Flug des Silberreihers ist immer wieder ein Erlebnis. Beide Vogelarten saßen meist auf den, an den See grenzenden Bäumen, auf.

 

Baumbewuchs mit Flechten und Moosen
Baumbewuchs mit Flechten und Moosen

Auf dem Rückweg fiel uns ein Laubbaum, wohl eine Schlehe, mit einem üppigen Bewuchs an Flechten und Moosen auf. Da vermutet man doch, daß ausreichend Luftfeuchtigkeit vorhanden sei, trotz der langen Trockenperiode im Sommer. Aber erst in den letzten zweit Monaten hat es häufig geregnet und es war sehr mild, sodass das Wachstum begünstigt wurde.

 

 

Blattflechten
Blattflechten

Die Eichenmoosflechte (parmotrema perlatum), eine Strauchflechte, überzieht mit ihren hellgrauen Verzweigungen üppig die Äste. Sie gedeiht gerne in

luftbelasteten Gegenden, an Eichen und anderen Laubbäumen. Uli Brenner erklärte, daß die eher gelblichen Baumflechten Stickstoff aus der

 

Luft aufnehmen.


Flechten sind symbiotische Organismen, die im biogeochemischen Kreislauf der Erde eine wichtige Rolle spielen. Sie können Stickstoff in vielfältiger Form aus Boden, Gestein und Luft aufnehmen und nehmen gleichzeitig am Kohlenstoffkreislauf (Blattbildung) teil. Cyanobakterien, die gegen Kälte und Austrocknung resistent sind, wurden

in stickstofffixierenden Flechten nachgewiesen.

 

 Besondere Eigenschaften von Flechten, wie z. B. starke Resistenz gegen  Austrocknung, die Fähigkeit zum Wachstum und zum Abbau von Gesteinen, ermöglichen es ihnen, weltweit in verschiedenen Umgebungen zu wachsen, einschließlich stark stickstoffbegrenzter Gebiete wie subarktischer Heide.  Die Stickstofffixierung ist

energieabhängig, vom sog. Photobionten (Pilz) und für Flechten sehr kostspielig. Sie begrenzt Wachstum und Ausbreitung.

Die Enten im Blick
Die Enten im Blick
div. Entenarten
div. Entenarten
Haubentaucher
Haubentaucher
div. Entenarten
div. Entenarten

Weiter Entenarten wurden beobachtet, insbesondere auf der größeren Wasserfläche  vor dem Badesee: Schnatterente (mareca strepera), Tafelente (aytya ferina), Krickente (anas crecca). Blässhühner (fulica astra) und etliche Haubentaucher (podiceps cristatus) waren ebenfalls vertreten.

 

Weißstorch
Weißstorch

Zu unserer Überraschung tauchte am Himmel noch ein Weißstorch (ciconia ciconia) auf, der über dem östlichen Ufer seine Kreise zog. Leider zu weit weg für ein gutes Foto.


Der ausgewachsene Vogel scheint wohl zu wissen, daß der Winter dieses Jahr nicht so kalt wird, oder hat er schlicht den Anschluss an den Vogelzug verpaßt? Daß einzelne Vögel nicht gen Süden ziehen, wird ja schon länger beobachtet.

 

Kai-Michael Thomsen vom NABU Dt. und Weißstorchexperte erklärt dazu: „Gelegentlich werden Störche verletzt oder Jungstörche fallen aus dem Nest und müssen vom Menschen gepflegt werden. Haben solche Störche einmal

einen Winter in Deutschland verbracht, so erlischt ihr Zugtrieb und sie ziehen nicht mehr zusammen mit ihren Artgenossen nach Süden. Es kommt aber auch gelegentlich vor, dass eigentlich gesunde Störche nicht mit ihren Artgenossen in den Süden ziehen. Die Gründe dafür sind noch weitgehend ungeklärt.“ (NABU-Dt.de)

 

Der Grund, warum die Störche wieder aus den Überwinterungsgebieten zurück kommen, liegt wohl daran, daß dort ein hoher Druck auf die Nahrungssituation besteht. Schließlich fliegt fast die ganze Population von Europa in nur wenige Gebiete in Afrika. Aber zu beobachten ist auch, daß immer mehr Störche in Europa, zumindest in den südlichen Regionen, bleiben. Dazu trägt vielleicht auch der Klimawandel und die milderen Winter bei. 

Im Restaurant am Königssee kehrten wir, von der nasskalten Witterung etwas  unterkühlt, ein. Die heisse Gemüsesuppe brachte unsere Lebensgeister wieder  in Schwung und wir ließen die Exkursion mit vielen Fachgesprächen ausklingen.

 

Textauszüge:

Wikipedia.de; https://de.abcdef.wiki/wiki/Lichens_and_nitrogen_cycling

123Pilze.de

Naturschutzgebiete.org

NABU-Dt.de

 

Fotos: Martin Schroth, Klaus Benedickt