NSG Bulau bei Hanau / Das Auenbiotop im Griff des Wassers

Nach vier Jahren waren wir wieder mit einer 19 Köpfe zählenden Gruppe in einem ökologisch

sehr wertvollen Biotop, der Bulau bei Hanau.

Das NSG, dessen Name wohl historisch von dem Wort „Pfohl“, gleichbedeutend mit „Pfahl“, abgeleitet ist, streift hier den von Nord nach Süd verlaufenden obergermanisch-rätischen Limes.

Auf Höhe des Kastells Rückingen, auf Erlenseeer Gemeindegrund, tritt der Limes in die Fläche der Bulau ein.

Überflutungsraum
Überflutungsraum
Wasser in seinem Element
Wasser in seinem Element

Durch den Dauerregen der Vorwoche führte die Kinzig starkes Hochwasser. Wir kamen gerade noch so trockenen Fusses unter der Kinzigbrücke durch. Der Pegel sank jedoch sichtbar schnell. Trotzdem hatte der Abfluss des Wassers noch erhebliche Kraft. 

Auwald als  Retentionsfläche
Auwald als Retentionsfläche
Auwald als  Retentionsfläche
Auwald als Retentionsfläche

Die überfluteten Flächen zeigen anschaulich was eine Retentionsfläche  ausmacht, sie hält Wasser zurück, das nur langsam im Boden versickert. So wird der Abfluss im Bachbett verringert und es kommt flussabwärts zu geringerem Wasseraufkommen. Die Stadt Hanau wird so weitestgehend von Überflutungen innerstädtischer Flächen verschont.

Fussweg im Auenwald
Fussweg im Auenwald

Martin Schroth warnte uns vor und wird mit uns nicht weit in den Auenwald vordringen können. Der Fussweg im Auwald war teils noch überschwemmt. Wir mußten schon mal ausweichen und Baumstämme überwinden.

Wohl dem der Gummistiefel an hatte.


Zunderschwämme
Zunderschwämme

Wie Schildkröten, die auf dem umgestürzten Baum ein Sonnenbad nehmen, sehen die Zunderschwämme (fomes fomentarius) aus. In der Bulau gibt es hingegen keine  Sumpfschildkröten.


Die Kinzig sowie etliche Bombentrichter aus dem 2. Weltkrieg, haben Rinnen und Mulden geschaffen, in denen sich bei Überflutung das Wasser sammelt. Die vielen einzelnen Wasserflächen boten ein an sich typisches Bild. In den letzten Jahren sind wir ja eher gewohnt, daß die natürlichen Auen in unseren Regionen wie „Trockenwälder“ aussehen. Das zeigte sich auch hier an den bereits vielfach vertrockneten Weiden. Sie sind zudem stark von Misteln befallen.

Mistel
Mistel

Misteln, gehören zu den Sandelholzgewächsen, es gibt ca. 120 Arten davon. Die Beeren der weißen Mistel werden durch Vögel verbreitet und nehmen in den letzten Jahren erheblich zu. Die Früchte der Mistel sind von klebrigem Saft (viscin) umschlossen, der den meisten Vögeln, außer der Misteldrossel,  nicht schmeckt. Daher streifen sie die Frucht an der Rinde des Baumes ab oder der Kot wird auf der Rinde ausgeschieden. Die Triebwurzel beginnt nun in die Rinde des Wirts vor zu dringen und ernährt sich von ihrem Saft.  Daher nennt man die Mistel auch schuppenblättriger Halbschmarotzer.


Bärlauch
Bärlauch
überfluteter Bärlauch
überfluteter Bärlauch

Der Bärlauch war schon ausgetrieben und stand vielfach noch unter Wasser. Das macht dem Auenbewohner nichts aus, selbst die Blütenknospen sind intakt. Diese waren noch  nicht aufgeblüht aber das Kraut verströmte schon intensiven Duft. 

Bärlauch, allium ursinum
Bärlauch, allium ursinum
Bärlauch
Bärlauch

Eine Kostprobe des rohen Blattes ergab einen pfeffrig bis stechenden Geschmack auf der Zunge.

Bärlauch ist verwandt mit Knoblauch, Zwiebel und Schnittlauch. Er hat in Maiglöckchen und der Herbstzeitlose zwei verwechselbare „Doppelgänger“, die  aber giftig sind.

Scharbockskraut, ranunculus ficaria
Scharbockskraut, ranunculus ficaria

Scharbockskraut (ein Trivialname für Skorbut) gehört zu den Hahnenfussgewächsen.

Es wurde in früheren Zeiten auch vorbeugend gegen Skorbut gegessen.

Die Pflanze hat mehr Vitamine als eine Apfelsine. Eine zu große Menge im Salat kann aber

 Alkaloide in bedenklicher Konzentration frei setzen.

… beim selbstgemachten Salatmix also Vorsicht!


Roter Lerchensporn,corydalis cava
Roter Lerchensporn,corydalis cava
Roter Lerchensporn, corydalis cava
Roter Lerchensporn, corydalis cava

Der Hohle Lerchensporn, rot und weiß blühend, stand in den trockenen Arealen flächig an. Die Charakterpflanze kommt in typischen Hartholz-Auenwäldern, aber auch in Eichen-Buchen-Laubwäldern vor und gehört zur Familie der Mohngewächse, Unterfamilie Erdrauchgewächse. Er ist über die ganze Nordhalbkugel verbreitet. Als Bienenweide hat er eine große Bedeutung.

Hohler Lerchensporn, cordalis cava
Hohler Lerchensporn, cordalis cava

Typisches Erkennungsmerkmal ist die gespornte Blüte. Den Hohlen und den gefingerten Lerchensporn unterscheidet man anhand des Tragblattes der Blüte, beim Hohlen ist es ganzrändig, beim anderen ist es gefingert. Die Wurzelknolle ist stark giftig.


Erdhummeln, zumeist Königinnen, die als erste im Jahr aktiv sind, waren in einigen Exemplaren an Frühblühern zu sehen. Sie fliegen schon bei Temperaturen  über 8 Grad Celsius. Die Königin kann befruchtete Eier vom Herbst bis zum Frühjahr im Körper speichern. Sie überwintert als adultes Insekt. Durch ihre Eiablage im Frühjahr entsteht der neue Hummelstaat.

 

Zitronen- und ein Admiralfalter waren an austreibenden Brennnesseln zu sehen. Der Zitronenfalter (gonepteryx rhamni), aus der Familie der Weißlinge, überwintert als „Amuse“ bei großer Kälte bis minus 20° Celsius, selbst bei Schneelage ungeschützt im Freien. Durch Einlagerung von  Glycerin, Sorbit  und Eiweiß senkt er den Gefrierpunkt somit erheblich ab. Im Sommer zieht er sich an heißesten Tagen in Verstecke zurück (Übersommerung). Daher ist er der einzige Tagfalter in Mitteleuropa, der ein Alter von 12 Monaten erreichen kann.Er ist überall dort an zu treffen wo Sonne und Blumen sind. 

Gelbes und weißes Buschwindröschen, anemone ranunculoides
Gelbes und weißes Buschwindröschen, anemone ranunculoides
Wiesen-Schaumkraut, cardamine pratensis
Wiesen-Schaumkraut, cardamine pratensis

Wiesen-Schaumkraut, gelbes und weißes Buschwindröschen, Zwiebel-Zahn-Wurz, sowie die rote Taubnessel und das Waldveilchen standen ebenfalls schon in Blüte.

Martin Schroth
Martin Schroth
Zwiebel-Zahnwurz, cardamine bulb
Zwiebel-Zahnwurz, cardamine bulb

Der Zwiebelzahnwurz, auch Zwiebel-Schaumkraut oder knöllchentragender Zahnwurz genannt,  ist als hygro-morpher Geophyt eher in den feuchteren Regionen Mitteleuropas und Nordeuropas zu finden. Die ausdauernde Pflanze vermehrt sich durch Wachstum und Teilung des Rhizoms.

Flaum-Sandbiene, andrena unident
Flaum-Sandbiene, andrena unident
Großer Wollschweber
Großer Wollschweber

Klaus D., unser Insekten- und Käferkenner, entdeckt den großen Wollschweber und die Flaum-Sandbiene (andrena unident.). Sie ist eine Solitär-Wildbiene, die ihr Nest in den Boden baut. Sie ist nahezu überall in Mitteleuropa, bis in höhere Lagen der Mittelgebirge an zu treffen. Der Wollschweber sieht aus wie eine Hummel, bewegt sich aber wie ein Kolibri. Sein schneller Flug schützt ihn vor Räubern und ist schwer zu verfolgen.

Ribaut-Winkerzikade, acericerus ribauti
Ribaut-Winkerzikade, acericerus ribauti

Die Ribaut-Winkerzikade (acericerus ribauti), benannt nach ihrem Entdecker, dem französischen Entomo-logen Ribaut. Sie sucht bevorzugt Feldahorn Bäume auf, wird aber auch an Platanen nachgewiesen. Die Imagines überwintern und sind bis in den Mai nachweisbar.


Wenig Vogelarten waren zu sehen. Einige Hohltauben zeigten sich im Wald, Kohlmeisen und der Ruf von Kleiber und Gebirgsstelze waren zu hören. Sie bevorzugt die Bachufer mit sandigen Flächen zur Nahrungsaufnahme. 

Falkenbrutkasten
Falkenbrutkasten

Der Wanderfalke zeigt sich beim Verlassen der Aue noch über den am Sendeturm befindlichen Wiesen. Seine Brut im darauf  befestigten Brutkasten ist unregelmäßig.

Ob er dieses Jahr standorttreu ist, bleibt ab zu warten. Martin war schon ganz erwartungsvoll. 


Zwei Weißstörche, ciconia ciconia nahmen Nahrung an einem Überflutungsarm südlich der Kinzig auf.

Ein einzelner Stockentenerpel, anas platyrhynchos schwamm neugierig am Ufer entlang. Vor vier Jahren waren weitaus mehr Enten in den Wasserflächen zu sehen. Die an sich häufig vorkommende Art verzeichnet allgemein einen Rückgang in Hessen.


Fotos: K. Dühr, K. Benedickt