Fossiliengrube Messel – Einblick in die Tier- und Pflanzenwelt vor 48 Millionen Jahren

Blick zur Grabungsstelle, Foto: ©KBenedickt
Blick zur Grabungsstelle, Foto: ©KBenedickt

Es ist schon erstaunlich, daß eine so kleine Stelle einen so tiefen Einblick in die Erdgeschichte ermöglichen kann. Wir hielten 48 Millionen Jahre alten Ölschiefer aus der Fossiliengrube Messel in der Hand. 

Bernhard Skribrny, Foto: ©KBenedickt
Bernhard Skribrny, Foto: ©KBenedickt
Grabungsleitering Frau Dr. Wedmann, Foto: ©KBenedickt
Grabungsleitering Frau Dr. Wedmann, Foto: ©KBenedickt

Frau Wedmann, als Leiterin des Grabungsteams und Berhard Skribrny konnten uns fesselnd und verständlich die geologische Entstehung und die Bedeutung des Weltnaturerbes Fossiliengrube Messel vermitteln. 


Die Geschichte der Grube beginnt vor 48 Millionnen Jahren. Geologisch betrachtet befindet sich die Region auf der Avalonischen Platte, einem Teilstück der Eurasischen Platte. Sie liegt noch nahe am Äquator. Erst durch die Bewegung der Erdplatten driftet sie in die heutige Lage am 50. Breitengrad.

 

Ein tropisches Flachmeer breitet sich auf ihr aus. Eine vielfältige Flora und Fauna kommt darin vor.  In dem ruhigen und immer flacher werdenden Meer lagern sich Sedimente in dichten Schichten ab.

 

Durch vulkanische Tätigkeit entsteht ein Maar-Vulkan dessen Krater sich mit Wasser füllt. Ablagerungen aus den umliegenden Flächen werden eingetragen und verdichten sich, es entsteht der spätere Ölschiefer mit ca 300 Meter mächtigen Deckschichten. Über Millionen von Jahren werden die Fossilien darin “konserviert“. 

Krokodil Fossil, Foto: ©KBenedickt
Krokodil Fossil, Foto: ©KBenedickt

Die Fossilien sind nahezu unversehrt erhalten. Das läßt darauf schließen, daß die Tiere und

 

Pflanzen durch Umwelteinfluss, vermutlich austretendes CO-2 des Vulkans, aber nicht durch Einwirkung von Beutegreifern gestorben sind. Sie starben vermutlich einen schnellen Tod. 

Python Fossil, Foto: ©KBenedickt
Python Fossil, Foto: ©KBenedickt

Diese sanken ohne Beschädigungen auf den Gewässerboden des Flachwassermeeres ab.

Da kein Sauerstoff im tieferen Wasser ist, trat auch keine Verwesung ein. Das garantierte den aussergewöhnlichen Erhaltungszustand der Fossilien, darunter Säugetiere, Reptilien, Insekten und Pflanzen. Das Python-Fossil ist die älteste Schlange der Welt. Im Magen einer anderen Schlange wurde eine Echse und in deren Magen ein Insekt gefunden.

Urpferdchen, Foto: ©KBenedickt
Urpferdchen, Foto: ©KBenedickt

Der erster Fund, ein Alligatorenskelett, wird 1876 von einem Hobbyarchäologen gemacht.

1904 wird das Urpferdchen gefunden, Es ist das älteste, nahezu vollständiges Beispiel für die  Entwicklung eines Säugetieres. Ob das Fell des Urpferdchens so ausgesehen hat, ist nicht sicher.

Bohrkern der Forschungsbohrung, Foto: ©KBenedickt
Bohrkern der Forschungsbohrung, Foto: ©KBenedickt

2001 wurde nach vielen Initiativen die Grube als Fossilienstätte gesichert. Eine Forschungsbohrung wurde vorgenommen um die Mächtigkeit des Schiefers zu ergründen. Die Bohrung reicht bis in 430 Meter Tiefe. Der Schlot des Maar-Vulkans wird auf ca. 600 Meter Tiefe berechnet.

Die weiteren Funde führten 1995 zur Anerkennung des Welt-Naturerbe Status.Danach wurden viele Maßnahmen zur Erschließung der Grube vorgenommen. Der Erhaltungszustand der Fossilien ist so gut, dass Pollen an Insekten zu sehen sind.

Bei Wirbeltieren sind sogar die Weichteile zu sehen. In einem Vogel-Skelett wurde sogar noch das Bürzelfett, das älteste je gefundene Fett entdeckt. 

Vermesssung der Fundstelle, Foto: ©KBenedickt
Vermesssung der Fundstelle, Foto: ©KBenedickt

Heute wird die Grabungsstelle digital per GPS vermessen. So bestehen nur geringe Abweichungen in Bezug auf die Lage der Fossilien.

Das Grabungsteam, Foto: ©KBenedickt
Das Grabungsteam, Foto: ©KBenedickt
Der Ölschiefer wird gespalten, Foto: ©KBenedickt
Der Ölschiefer wird gespalten, Foto: ©KBenedickt

Das Grabungsfeld wird per Kettensäge abgegrenzt, dadurch ergeben sich weniger Zerstörungen. Die Praktikanten spalten die Ölschieferplatten mit Messern mit langer und breiter Klinge. 

Sichtung, Foto: ©KBenedickt
Sichtung, Foto: ©KBenedickt
Pollenkapseln, Foto: ©KBenedickt
Pollenkapseln, Foto: ©KBenedickt

Nach der Bestimmung des Fundes erfolgt per Zuruf die Art des Fundes an die Erfasser. Sie dokumentieren den Fund auf einer Zählliste. Die Fundstücke werden bis zur Präparation und Konservierung in Wasser feucht gehalten.

Versteinertes Blatt, Foto: ©KBenedickt
Versteinertes Blatt, Foto: ©KBenedickt

Fundstelle eines Fischfossils, Foto: ©KBenedickt
Fundstelle eines Fischfossils, Foto: ©KBenedickt
Fischfossil, Foto: ©KBenedickt
Fischfossil, Foto: ©KBenedickt
Fruchtkern, Foto: ©KBenedick
Fruchtkern, Foto: ©KBenedick

Selbst bei unserem kurzen Besuch wurden etliche kleine Funde gemacht: Fragmente eines Insektes, ein Blatt und ein Fisch, wenige Tage zuvor. 

Präparierter Fisch, Foto: ©KBenedickt
Präparierter Fisch, Foto: ©KBenedickt
Foto eines präparierten Prachtkäfers, Foto: ©KBenedickt
Foto eines präparierten Prachtkäfers, Foto: ©KBenedickt

Im Winter werden die Fossilien präpariert und konserviert. Dies erfolgt im Institut in Frankfurt am Main. Insekten werden in flüssigem Glycerin gelagert, da so die Farben der Flügel erhalten bleiben.

Die Haare von Wirbeltieren werden mit Acryllack besprüht, auch die Farbtöne und der Glanz der Schuppen von Fischen bleiben so erhalten. Die Grabungsleiterin Frau Dr. Wedmann ist spezialisiert auf Insekten. Sie lagert ca 20-tausend Dosen an fossilen Insekten im Institut.

 

Gemessen an der Vielzahl und Einzelmerkmalen der Funde wird deutlich, daß die Grube eine Schatztruhe der Evolution ist. Ganze Lebensräume der Urzeit vor 48 Millionen Jahren und ihre Bewohner können über die Grube erschlossen werden. Anhand der Funde der Urpferdchen kann heute die nahezu vollständige Entwicklung einer Säugetierart dargestellt werden.

 

Nach dem Mittagessen besuchten wir noch kurz die nahegelegene Grube „Prinz von Hessen“, ein ehemaliger Braunkohletageabbau der heute ein Freizeitgelände ist.

 

Quellen

Fotos: K.Benedickt, Fossiliengrube Messel