Die Zahlen sind alarmierend: Jeden Tag sterben auf der Erde 150 Tier- und Pflanzenarten aus. Bei der gemeinsamen Vortragsveranstaltung der StreuObstCoOp Rodgau und des Naturschutzbundes Rodgau stellte Biologin Doris Lerch zielführende Möglichkeiten dar, um dieser erschreckenden Entwicklung entgegenzutreten.
Erfahrene Autofahrer kennen die Situation: Wer in den 1980-er und -90er Jahren mit dem Auto auf dem Land unterwegs war, musste nach der Fahrt die Frontscheibe und den Kühlergrill von toten Insekten reinigen. Heute entfällt diese lästige Aufgabe, allerdings aus einem erschreckenden Grund. Die Zahl der Insekten hat deutlich abgenommen. Erhebungen einer Forschergruppe aus Nordrhein-Westphalen zeigen in dem kurzen Zeitraum zwischen den Jahren 1995 und Mitte der 2010-er Jahre Rückgänge bei den Insektenpopulationen zwischen 58 und 80 Prozent.
Bei der Vortragsveranstaltung im Vereinsheim des NABU Rodgau nannte Biologin Doris Lerch als einen der Gründe für diese negative Entwicklung den Rückgang der artenreichen, nährstoffarmen Wiesen und Weiden in Deutschland. Seit den 1950-er Jahren gingen diese um 98 Prozent zurück. Wo kein Lebensraum für Insekten, dort kann sich auch kine funktionierende Nahrungskette bilden. Für Naturschützer, wie die im NABU Rödermark aktive Doris Lerch Grund genug, ihr Wissen über mehrjährig blühende Flächen in die Bevölkerung zu tragen.
Über bunt blühende Wiesen freut sich neben der Insektenwelt auch der Mensch. Wer als Bodenbesitzer ein Stückchen Land und ein Herz für Tiere besitzt, der wählt für die Aussaat den Herbst, da einige Samen Frost benötigen und die feuchte Jahreszeit produktiv für das Wachstum im Frühjahr ist. Die Saatstärke sollte 3 Gramm pro Quadratmeter betragen.
Auf einem kleinen Areal im Garten, das mit einer speziellen Saum-Blühmischung aus 100 Prozent heimischen Wildpflanzen angelegt wurde, können Blühpflanzen das Jahr überstehen bleiben. Sie bieten dann auch im Herbst den Vögeln Samen als Winternahrung.
Auf größeren Wiesenflächen ist Mähen erforderlich. Für den Mahdzeitpunkt ist relevant, wann die Pflanze, die man fördern will, zur Samenreife gelangt und ausgesamt hat. Ansonsten gelten als Faustformel die Wochen von Mitte bis Ende Juni, um eine zweite Blüte im Herbst zu erhalten. Zehn Prozent der Fläche sollte ganzjährig ungemäht bleiben, damit Insekten von dem gemähten Areal dorthin übersiedeln können. „Sonst ist eine Insektengeneration dahin“, betonte Doris Lerch. Das Mahdgut bleibt zum Aussamen drei Tage liegen. Danach muss die Mahd abgeräumt und abtransportiert werden, damit kein Nährstoffeintrag auf der Fläche stattfindet. Je nährstoffärmer eine Fläche ist umso artenreicher wird sie.
Für die einheimischen Tiere sind natürlich heimische Wildpflanzen besonders wichtig, denn zwischen Tier und Pflanze besteht eine jahrtausendlange ko-evolutionäre Entwicklung, die wie ein Schlüssel- und Schlossprinzip funktioniert.
Zu den begehrten Blühern zählen der Rotklee und Doldenblütler wie die Pastinake und die Wilde Möhre. Eine gesuchte heimische Pflanze ist die Brennnessel, sie ist sehr gut für diverse Insektenarten.
Nicht jede Blühmischung darf auf heimischen Böden aufgebracht werden. Gesetzliche Vorschriften regeln die Zusammenstellung je nach Region.
Doris Lerch informiert unter der E-Mail-Adresse stadtnatur@t-online.de welche Samenmischungen erlaubt und welche Böden für eine Blühwiese geeignet sind.
Text: Andreas Pulwey