Entlang der Gersprenz und der Hergershäuser Wiesen

Wir gedachten zu Beginn unseres verstorbenen, langjährigen Teilnehmers Rudi Heckwolf, der hier seine  Wirkungsstätte als Naturschützer hatte und konnten drei anderen Teilnehmer*innen, Hildegard, Martin und Heinz nachträglich zum Geburtstag gratulieren.

 

In der vor vielen Jahren renaturierten Fläche der Gersprenz-Aue gibt es zwei Naturschutzgebiete und seit wenigen Jahren das Schutzgebiet für Bodenbrüter. Hier halten sich zur Vogelzugzeit Durchzieher unterschiedlichster Arten auf. Im Frühjahr kommt eine inzwischen stabile Kolonie Kiebitze hier her und brütet in der Fläche. 

Die Gersprenz, Foto: ©KBenedickt
Die Gersprenz, Foto: ©KBenedickt

Wir starteten am Parkplatz des Gersprenz-Stadions und erwanderten diesmal die Nordseite

der Hergershäuser Wiesen. Über die Bachbrücke zum südlichen Ufer der Gersprenz, passierten wir die Kläranlage und erreichten das Bodenbrüterschutzgebiet. Bei diesigem Herbstwetter war die Sicht nicht optimal, die Südseite der Fläche lag im Dunst. 

Trauerweide, salix alba tristis
Trauerweide, salix alba tristis
Stillgewässer, Foto: ©KBenedickt
Stillgewässer, Foto: ©KBenedickt
Schwarz-Erle, alnus glutinosa
Schwarz-Erle, alnus glutinosa

Der Strauch- und Krautgürtel an der Gersprenz ist üppig, erlaubt aber immer wieder freie Blicke auf

den Bach. Typische Baumarten der Auwälder wie Weiden, Schwarz-Erle, Esche und Pappel stehen hier. An den Stillgewässern sind auch Streifen aus Schilfgras und Schlehdorn zu finden.


Biberrutsche, Foto: ©KBenedickt
Biberrutsche, Foto: ©KBenedickt
Biberfraß an Weide, Foto: ©KBenedickt
Biberfraß an Weide, Foto: ©KBenedickt

Bereits auf dem ersten Abschnitt konnten wir die Fraßspuren des Biber (castor fiber) an Weiden und Pappeln sehen. Die Biberrutsche wird offensichtlich häufig benutzt. Der Biber hat auch hier eine stabile Population gebildet. 


Stefan Rickert informiert, Foto: ©KBenedickt
Stefan Rickert informiert, Foto: ©KBenedickt

Stefan Rickert, ehemaliger Forstmitabeiter und neuer Teilnehmer in der Gruppe, konnte uns interessante Informationen zum Gebiet aus erster Hand vermitteln. Er war im Forstamt mit der Betreuung vieler Naturschutzprojekte der Region betraut.


Entwicklung Kiebitzbestand, Foto: ©Hessen Forst LK DA
Entwicklung Kiebitzbestand, Foto: ©Hessen Forst LK DA

So wurde durch das intensive Monitoring der Schutzfläche erkannt, daß die Zahl der Bruten beim Kiebitz ständig erhöht werden konnte. Einen leichten Einbruch gab es als vermutlich ein Uhu zeitweise seinen Standort hier hatte. Die „Futterstelle“ vor  der Haustür war wohl zu verlockend. Man erkennt dadurch den Erfolg des Zaunes aber es gibt auch problematische Aspekte. Wenn durch Starkregen Überschwemmungen vorkommen, kann die Fläche zur Falle für die Küken werden. 

Hebewerk am Schutzgebiet, Foto: ©KBenedickt
Hebewerk am Schutzgebiet, Foto: ©KBenedickt

Bei Trockenheit sorgt das Hebewerk mit Wasser aus der Gersprenz für ausreichende Durchfeuchtung der Wiesen. Da ist für den Kiebitz lebensnotwendig.


Nilgänse (alopochen aegyptiaca) fliegen ein, Foto: ©KBenedickt
Nilgänse (alopochen aegyptiaca) fliegen ein, Foto: ©KBenedickt

Im Bodenbrüterschutzgebiet waren nur wenige Vogelarten zu beobachten: Krick- (anas crecca)

und Stockenten (anas platyrhynchos) wurden erkannt. Außer Nilgänsen waren wohl die anderen, sonst hier rastenden Arten, gerade auf Nahrungssuche oder bereits weiter gezogen.


Pferde im Schutzgebiet, Foto: ©KBenedickt
Pferde im Schutzgebiet, Foto: ©KBenedickt

Pferde und eine Rinderherde grasten auf der Fläche; die Pferde schlossen auf dem Rückweg doch noch Freundschaft mit uns und kamen neugierig bis zum Zaun heran. 


Bruthöhle an Steilwand, Foto: ©KBenedickt
Bruthöhle an Steilwand, Foto: ©KBenedickt
Insektennistplatz, Foto: ©KBenedickt
Insektennistplatz, Foto: ©KBenedickt

Der Naturschutz an der Gersprenzaue wurde durch einen imposanten Insektennistplatz bereichert. In der Ufersteilwand scheint wohl ein Eisvogel seine Bruthöhle gegraben zu haben.

 

Im weiteren Verlauf machten wir doch noch einige teils spektakuläre Sichtungen. Ein Raubwürger (lanius excubitor) flog wenige Meter von uns entfernt auf und verschwand auch schnell in den Büschen am Bach, zu schnell für ein Foto. Er steht auf der Liste der bedrohten Arten in Deutschland und gilt als stark gefährdet. 

Graswuchs im Storchennest, Foto: ©KBenedickt
Graswuchs im Storchennest, Foto: ©KBenedickt
Graureiher, ardea cineria, Foto: ©KBenedickt
Graureiher, ardea cineria, Foto: ©KBenedickt
Nilgans, alopochen aegyptiaca, im Storchennest, Foto: ©KBenedickt
Nilgans, alopochen aegyptiaca, im Storchennest, Foto: ©KBenedickt
Rehe, capreolus capreolus, am NSG Kleine Qualle, Foto: ©KBenedickt
Rehe, capreolus capreolus, am NSG Kleine Qualle, Foto: ©KBenedickt

Nilgänse hatten Storchennester besetzt. Graureiher jagten auf den umlegenden Wiesen und drei Rehe grasten weit entfernt nahe dem NSG Kleine Qualle. Eine Schar Erlenzeisige (spinus spinus) begleitete uns, von Baum zu Baum fliegend. 

Am Strauchgürtel an der Gersprenz entdeckten Klaus Dühr einen Springfrosch (rana dalmatina, ohne Foto) und später einen Laubfrosch. Der Springfrosch ist braun gefleckt bis gestreift. Er gehört zur Familie der echten Frösche. Auffällig ist sein spitzes Maul, durch lange Hinterbeine kann er enorme Sprungkraft entwickeln und bis zu 2 Meter weit springen. Er bevorzugt gewässerreiche Wälder bzw. Bachauen. Sie zeigen eine hohe Geburtsorttreue und sind in Süddeutschland häufiger an zu treffen als im Norden.

Europäischer Laubfrosch, hyla arborea, Foto: ©HSchwarting
Europäischer Laubfrosch, hyla arborea, Foto: ©HSchwarting

Der Europäischer Laubfrosch, ist für sein „klingendes Singen“ bekannt und weltweit verbreitet. Er ist in Mitteleuropa, innerhalb der Gattung Laubfrösche, der einzige Vertreter. Bekannt als der Froschkönig aus Grimm´s Märchen, muss sein Habitat für die Bestandserhaltung oft betreut werden. Er ist eben auch selten geworden. 


Entdeckung am Weg, Foto: ©KBenedickt
Entdeckung am Weg, Foto: ©KBenedickt

Die Raupen von Ampfer-Rindeneule und Zimtbär (beide Nachtfalter) kreuzten den Weg bzw. hatten sich an einem verwelkten Halm befestigt. 

1 Raupe der Ampfer-Eule, acronicta rumicis, Foto: ©KBenedickt
1 Raupe der Ampfer-Eule, acronicta rumicis, Foto: ©KBenedickt

Die Ampfer-Rindeneule bringt von April bis Juli die erste Generation, Ende Juli bis September die zweite Generation hervor. Es wurde aber auch schon eine dritte Generation festgestellt.

Raupe des Zimtbär, phragmatobia fuliginosa, Foto: ©KBenedickt
Raupe des Zimtbär, phragmatobia fuliginosa, Foto: ©KBenedickt

Die Raupe des Zimtbär gehört zur Familie der Bärenspinner, auch Rostflügelbär genannt.

Der Nachtfalter bringt zwei Generationen hervor. Die Raupen findet man von Anfang September bis April des folgenden Jahres. Die Raupe überwintert. Zur Nahrung der Raupen gehören Brombeeren, Schlehdorn, Jakobs-Greiskraut und Löwenzahn.

Gewöhnl Leinkraut, linaria vulgaris, Foto: ©KBenedickt
Gewöhnl Leinkraut, linaria vulgaris, Foto: ©KBenedickt
Schmalblättriges Greiskraut, senecio inaequidens, Foto: ©KBenedickt
Schmalblättriges Greiskraut, senecio inaequidens, Foto: ©KBenedickt
Pfaffenhütchen, euonymus europaeus, Foto: ©KBenedickt
Pfaffenhütchen, euonymus europaeus, Foto: ©KBenedickt

Wenige Blüher setzen noch Farbpunkte in das Grün. Die roten Blüten des Pfaffenhütchens mit teils noch vorhandenen Fruchtbeeren leuchteten weithin. 


Leinkraut, 1753 von dem berühmten Botaniker Carl v. Linné erstmals beschrieben, ist ein Apophyt, der zuerst in Küstennähe, vor ca. 7000 Jahren, heimisch wurde. Danach, bei zunehmender Waldrodung, verbreitete er sich auch auf anthropogenen Standorten wie z.B. Waldwiesen.

Sie ist auch eine typische Schuttpflanze, sie liebt trockenen, lockeren sandigen Boden. Daher war sie ursprünglich eher in flachen Regionen mit unterschiedlichen regionalen Bezeichnungen bekannt: in Mecklenburg „Druut“, in Pommern „Frauenflachs“ oder in der Lausitz/Sachsen als „Katharinenkraut“. 

Scharlach- und Graue Blattflechte, parmelina pastillifera, Foto: ©KBenedickt
Scharlach- und Graue Blattflechte, parmelina pastillifera, Foto: ©KBenedickt
Strauchflechte, cladonia protentosa, Mitte) u Scharlach-Becher-Flechte, cladonia floerkeana
Strauchflechte, cladonia protentosa, Mitte) u Scharlach-Becher-Flechte, cladonia floerkeana

Cladonia floerkeana bildet regelmäßig Becher mit randständigen roten Apothecien (Fruchtkörper) aus. Die Gelbfärbung kommt von der enthaltenen Urinsäure. Die ebenästige, grau-grüne Rentierflechte (Strauchflechte oder Geweihflechte) sowie die Graue Blattflechte sind häufig an zu treffen. Hier bilden sie eine farblich abgestimmte Gemeinschaft mit Akzent.

 

Vom Rückhaltebecken im Osten ging es auf dem Schotterweg südlich der Gersprenz wieder zurück.

Der Jahreszeit entsprechend und dem Verlauf, der bisher von uns noch nicht besuchten Nordseite, konnten wir mit den Sichtungen durchaus zufrieden sein.

Die Hergershäuser Wiesen sind eben ein lohnendes Ziel zu jeder Jahreszeit.

 

Quellen:

Foto: K.Benedickt, H.Schwarting; Abb.: Hessen Forst/LK Darmstadt-Dieburg; Text: K.Benedickt