Wir gedachten zu Beginn unseres verstorbenen, langjährigen Teilnehmers Rudi Heckwolf, der hier seine Wirkungsstätte als Naturschützer hatte und konnten drei anderen Teilnehmer*innen, Hildegard, Martin und Heinz nachträglich zum Geburtstag gratulieren.
In der vor vielen Jahren renaturierten Fläche der Gersprenz-Aue gibt es zwei Naturschutzgebiete und seit wenigen Jahren das Schutzgebiet für Bodenbrüter. Hier halten sich zur Vogelzugzeit Durchzieher unterschiedlichster Arten auf. Im Frühjahr kommt eine inzwischen stabile Kolonie Kiebitze hier her und brütet in der Fläche.
Wir starteten am Parkplatz des Gersprenz-Stadions und erwanderten diesmal die Nordseite
der Hergershäuser Wiesen. Über die Bachbrücke zum südlichen Ufer der Gersprenz, passierten wir die Kläranlage und erreichten das Bodenbrüterschutzgebiet. Bei diesigem Herbstwetter war die Sicht nicht optimal, die Südseite der Fläche lag im Dunst.
Der Strauch- und Krautgürtel an der Gersprenz ist üppig, erlaubt aber immer wieder freie Blicke auf
den Bach. Typische Baumarten der Auwälder wie Weiden, Schwarz-Erle, Esche und Pappel stehen hier. An den Stillgewässern sind auch Streifen aus Schilfgras und Schlehdorn zu finden.
Bereits auf dem ersten Abschnitt konnten wir die Fraßspuren des Biber (castor fiber) an Weiden und Pappeln sehen. Die Biberrutsche wird offensichtlich häufig benutzt. Der Biber hat auch hier eine stabile Population gebildet.
Stefan Rickert, ehemaliger Forstmitabeiter und neuer Teilnehmer in der Gruppe, konnte uns interessante Informationen zum Gebiet aus erster Hand vermitteln. Er war im Forstamt mit der Betreuung vieler Naturschutzprojekte der Region betraut.
So wurde durch das intensive Monitoring der Schutzfläche erkannt, daß die Zahl der Bruten beim Kiebitz ständig erhöht werden konnte. Einen leichten Einbruch gab es als vermutlich ein Uhu zeitweise seinen Standort hier hatte. Die „Futterstelle“ vor der Haustür war wohl zu verlockend. Man erkennt dadurch den Erfolg des Zaunes aber es gibt auch problematische Aspekte. Wenn durch Starkregen Überschwemmungen vorkommen, kann die Fläche zur Falle für die Küken werden.
Bei Trockenheit sorgt das Hebewerk mit Wasser aus der Gersprenz für ausreichende Durchfeuchtung der Wiesen. Da ist für den Kiebitz lebensnotwendig.
Im Bodenbrüterschutzgebiet waren nur wenige Vogelarten zu beobachten: Krick- (anas crecca)
und Stockenten (anas platyrhynchos) wurden erkannt. Außer Nilgänsen waren wohl die anderen, sonst hier rastenden Arten, gerade auf Nahrungssuche oder bereits weiter gezogen.
Pferde und eine Rinderherde grasten auf der Fläche; die Pferde schlossen auf dem Rückweg doch noch Freundschaft mit uns und kamen neugierig bis zum Zaun heran.
Der Naturschutz an der Gersprenzaue wurde durch einen imposanten Insektennistplatz bereichert. In der Ufersteilwand scheint wohl ein Eisvogel seine Bruthöhle gegraben zu haben.
Im weiteren Verlauf machten wir doch noch einige teils spektakuläre Sichtungen. Ein Raubwürger (lanius excubitor) flog wenige Meter von uns entfernt auf und verschwand auch schnell in den Büschen am Bach, zu schnell für ein Foto. Er steht auf der Liste der bedrohten Arten in Deutschland und gilt als stark gefährdet.
Nilgänse hatten Storchennester besetzt. Graureiher jagten auf den umlegenden Wiesen und drei Rehe grasten weit entfernt nahe dem NSG Kleine Qualle. Eine Schar Erlenzeisige (spinus spinus) begleitete uns, von Baum zu Baum fliegend.
Am Strauchgürtel an der Gersprenz entdeckten Klaus Dühr einen Springfrosch (rana dalmatina, ohne Foto) und später einen Laubfrosch. Der Springfrosch ist braun gefleckt bis gestreift. Er gehört zur Familie der echten Frösche. Auffällig ist sein spitzes Maul, durch lange Hinterbeine kann er enorme Sprungkraft entwickeln und bis zu 2 Meter weit springen. Er bevorzugt gewässerreiche Wälder bzw. Bachauen. Sie zeigen eine hohe Geburtsorttreue und sind in Süddeutschland häufiger an zu treffen als im Norden.
Der Europäischer Laubfrosch, ist für sein „klingendes Singen“ bekannt und weltweit verbreitet. Er ist in Mitteleuropa, innerhalb der Gattung Laubfrösche, der einzige Vertreter. Bekannt als der Froschkönig aus Grimm´s Märchen, muss sein Habitat für die Bestandserhaltung oft betreut werden. Er ist eben auch selten geworden.
Die Raupen von Ampfer-Rindeneule und Zimtbär (beide Nachtfalter) kreuzten den Weg bzw. hatten sich an einem verwelkten Halm befestigt.
Die Ampfer-Rindeneule bringt von April bis Juli die erste Generation, Ende Juli bis September die zweite Generation hervor. Es wurde aber auch schon eine dritte Generation festgestellt.
Die Raupe des Zimtbär gehört zur Familie der Bärenspinner, auch Rostflügelbär genannt.
Der Nachtfalter bringt zwei Generationen hervor. Die Raupen findet man von Anfang September bis April des folgenden Jahres. Die Raupe überwintert. Zur Nahrung der Raupen gehören Brombeeren, Schlehdorn, Jakobs-Greiskraut und Löwenzahn.
Wenige Blüher setzen noch Farbpunkte in das Grün. Die roten Blüten des Pfaffenhütchens mit teils noch vorhandenen Fruchtbeeren leuchteten weithin.
Leinkraut, 1753 von dem berühmten Botaniker Carl v. Linné erstmals beschrieben, ist ein Apophyt, der zuerst in Küstennähe, vor ca. 7000 Jahren, heimisch wurde. Danach, bei zunehmender Waldrodung, verbreitete er sich auch auf anthropogenen Standorten wie z.B. Waldwiesen.
Sie ist auch eine typische Schuttpflanze, sie liebt trockenen, lockeren sandigen Boden. Daher war sie ursprünglich eher in flachen Regionen mit unterschiedlichen regionalen Bezeichnungen bekannt: in Mecklenburg „Druut“, in Pommern „Frauenflachs“ oder in der Lausitz/Sachsen als „Katharinenkraut“.
Cladonia floerkeana bildet regelmäßig Becher mit randständigen roten Apothecien (Fruchtkörper) aus. Die Gelbfärbung kommt von der enthaltenen Urinsäure. Die ebenästige, grau-grüne Rentierflechte (Strauchflechte oder Geweihflechte) sowie die Graue Blattflechte sind häufig an zu treffen. Hier bilden sie eine farblich abgestimmte Gemeinschaft mit Akzent.
Vom Rückhaltebecken im Osten ging es auf dem Schotterweg südlich der Gersprenz wieder zurück.
Der Jahreszeit entsprechend und dem Verlauf, der bisher von uns noch nicht besuchten Nordseite, konnten wir mit den Sichtungen durchaus zufrieden sein.
Die Hergershäuser Wiesen sind eben ein lohnendes Ziel zu jeder Jahreszeit.
Quellen:
Foto: K.Benedickt, H.Schwarting; Abb.: Hessen Forst/LK Darmstadt-Dieburg; Text: K.Benedickt