Wir erkundeten ein neues Gebiet in der Rhein-Main-Region.
Das NSG Herrnberg war Teil der Groß-Umstädter Weinlage, die mit dem Rückgang des Weinbau teilweise als Streuobstbestand genutzt wurde. Viele Flächen sind dann aber ganz verbracht. In den 90-er Jahren wurde ein Schäfer gefunden der, mit weiteren Flächen von Grundstückseigentümern und der Stadt Groß-Umstadt, eine Beweidung der Fläche vornahm. So wurde die Verbuschung zurückgedrängt, ein Bewirtschaftungsplan erstellt.
Eine Wachholderheide gab es hier ursprünglich nicht, der Bestand beruht auf einer Anpflanzung.
Eine Effizienzkontrolle bildete die Grundlage für weitere Entscheidungen hin zu einem NSG.
Neufunde von Orchideen und das Potenzial für ornithologische Weiterentwicklung boten Chancen auf einen Erhalt der Fläche. Schwarzspecht, Pirol, Dorngrasmücke und Goldammer sind hier u.a. an zu treffen.
Mit anfänglichem Sonnenschein starteten wir am Herrnberg und nahmen den Weg durch die Weinberge Richtung Steinbruch Knossberg. Der Blick zum Otzberg war frei und bietet immer wieder eine schöne Aussicht.
Ein Turmfalkenpaar kreist über dem Weinland und hielt nach Beute Ausschau. Wenige Vögel waren unterwegs, ein Eichelhäher und einige Raben überflogen das Gebiet.
Über das Farmerhaus erreichten wir den Steinbruch Knossberg, der mit seinen aus Quarzporphyr bestehenden Steilwänden imposant erscheint. Einige Info-Tafeln klären über die vor 290 Millionen Jahren erfolgte vulkanische Entstehung auf.
Hier soll es Eidechsen geben, von denen wir allerdings kein sichteten; dafür ist es sicher schon zu spät im Jahr.
Später im Wald am Steinbruch sichteten wir noch einen Kleiber auf hoher Warte sitzend und ein Specht machte sich akustisch bemerkbar. Wir konnten ihn nicht sehen aber dem kräftigen Ruf nach könnte es ein Schwarzspecht gewesen sein. Sie sind hier resident.
Viele Eichen, vorwiegend Traubeneichen, stehen hier im Wald und tragen ebenfalls dieses Jahr
viele Früchte.
Die am Waldrand stehenden Esskastanien hatten viele Fruchtkapseln und wir sammelten etliche
der schmackhaften Früchte auf.
Die Esskastanie soll von dem Römern eingeführt worden sein und erfreut sich inzwischen
großer Beleibtheit nicht nur bei Bäckern und Hobbyköchen.
Ein Rezept von Petra für eine Süssspeise, die Südtiroler Hochzeitsherzen, wurde begeistert weitergereicht.
Zurück Richtung Weinberg, wanderten wir sowohl durch wild verbuschte wie auch gepflegte Streuobstwiesen. In dem heckenartigen Bewuchs der Ränder zeigte sich die Waldrebe.
Auf einer Wiese flogen noch zwei Waldbrettspiele (pararge aegeria) vor uns auf.
Diese und ein Admiral (vanessa atalanta) waren die einzigen Tagfalter, die wir sichten konnten.
Das Waldbrettspiel war dieses Jahr häufig zu sehen, die zweite Generation fliegt gerne auch noch im Oktober.
Der Admiral ist ein „Wandervogel“, er kommt jedes Jahr über die Alpen nach Deutschland.
Im Herbst fliegt die zweite Generation wieder zurück über die Alpen. Heutzutage überwintern aber schon Exemplare am Oberrhein und fliegen nicht mehr in den Süden.
Er ist ein häufiger Tagfalter, nördlich der Alpen und in unterschiedlichen Landschaftstypen Deutschlands zu finden. Die Raupen ernähren sich gerne an Brennnesseln oder auch Disteln, daher auch „Nesselfalter“ genannt. Einige Quellen zum Artenportrait erwähnen sogar, daß der Falter gerne an Bier nippt.
Aber es gab eben auch sehr viel weniger der anderen heimischen Schmetterlingsarten. Unser Artenkenner Reinhard begründete das so, daß die klimatischen Bedingungen in diesem Frühjahr nicht optimal für die Entwicklung der bunten Insekten waren.
Über den unteren Weinbergweg, Teil auch des „Mundartweges“, bogen wir in den südöstlichen
Teil des Wein-Wanderweges Richtung Osten ein.
Viele Info-Tafeln informieren über den Weinbau in der „Umstädter Weininsel“.
Auch Ökoweinbau wird hier betrieben.
Im Weinland, am Südhang, zeigten sich noch einige Blüher und leuchteten in der Sonne.
Die bereits abgeblühte Wilde Karde hatte stattliche Höhe erreicht. Ihre vertrockneten und eingebogenen Blätter ergeben eine imposante Herzform.
Durch die südöstlichen Streuobstwiesen ging es hangaufwärts. Die Wiesen sind mit Wallnuss und Wildkirschen durchsetzt. Ein Querweg durch den Wald brachte uns zum Ausgangspunkt des Walderlebnisweges, dem Wanderparkplatz, zurück..
Ein großes Insektenhotel steht am Rand der Spielwiese. Etliche Niströhren waren belegt.
Eine auffällige Wabenart, in einem Kalkstein mit runden Löchern, wurde in Augenschein genommen. Niemand konnte zunächst die Bienenart aufgrund der kreisförmigen Anordnung der Nisthöhlen bestimmen. Erst durch Mithilfe von Klaus Dühr wurde diese als Feldwespe identifiziert.
Da es aber etliche Arten davon gibt und wir kein Exemplar mehr gesehen haben, blieb die exakte Bestimmung aus. Wegen des Aussehens der Waben werden sie auch umgangssprachlich als „Papierwespen'“ bezeichnet. Das Material der Waben besteht aus zerkautem Holz, es stammt vermutlich aus den benachbarten Holzstämmen des Insektenhotels.
Das NSG Herrnberg in Groß-Umstadt bietet, eingeschlossen in den Wein-Wander-Weg, etliche
Möglichkeiten die umliegenden Landschaftselemente zu erlaufen. Es ist ein Gebiet für jede Jahreszeit. Der Reiz liegt auch, neben Naturbeobachtungen, im weiten Blick in die Ferne.
Quellen
Text: Odenwald-Club, NSG Herrnberg/Stadt Gross-Umstadt
Fotos: K.Benedickt, R.Geppert, W.Weiland